Station Nr 3 bei den Ländereien und Schlössern des unfassbar reichen Görlitzer Kaufmanns Hans Frenzel ist nun Kunnersdorf. Er besaß mindestens 11 Dörfer um Görlitz. (Siehe auch: Girbigsdorf und Königshain)
Die Waldhufen-Dörfer
Vielleicht mal ein Wort zu den Waldhufen Dörfern. Dies ist eine frühe Besiedelungsform. Zunächst einmal war da nur „Wald“. Darin eigentlich immer ein Fluss. Und „Hufen“ war eine Maßeinheit. Wir kennen das von „Königshufen“. Kunnersdorf hat „Siebenhufen“.
Zumeist deutsche Siedler gingen also im 13. Jhd in den Wald, maßen sich „Hufen“ ab, rodeten rechts und links vom Fluss den Wald und bauten dort ihre Hütten. Dazu kam oft noch eine gemeinschaftliche Fläche für die Dorfstraße, die Dorfkirche und Feuerwehr. Und so kennen wir diese Dörfer, die sich wie eine endlose Perlenschnur an einem Fluss entlang fädeln. Am Schöps sind das Markersdorf, Holtendorf, Ebersbach, Kunnersdorf und im weiteren Verlauf (außerhalb des Frenzellands) Kodersdorf, Horka u.s.w.
Und irgendwann kamen die reichen Görlitzer Ratsherren oder Adelige und kauften sich diese Waldhufen-Dörfer.
Hans Frenzel und die Erben
1505 kauft sich Hans Frenzel Kunnersdorf. Da hatte er schon Friedersdorf, ein Stückchen Girbigsdorf, Königshain und ein Stückchen Markersdorf. Ab 1526 fällt Kunnersdorf an seinen Sohn Joachim.
Dann geht es weiter, wie mit Königshain: Joachims Sohn Peter verstirbt vor ihm und kinderlos. Also geht das Erbe 1565 an seine Töchter. Barbara Frenzel hat Paul von Liedlau geheiratet. Kunnersdorf landet bei den Liedlaus, aber genau genommen bleibt es bei einer Frenzel.
1640 gelangt Kunnersdorf an Joachim Schachmann und auch diese Familie kennen wir schon von Königshain. Ein Jakob Schachmann hatten Joachim Frenzels zweite Tochter Anna Frenzel einst geheiratet. Es bleibt also wieder im Grunde in Frenzelhand und das bis 1772.
Letzte Schachmann auf Kunnersdorf ist Johanna Eleonore, die 1740 in Dresden einen Joachim Philipp von Gustedt geheiratet hatte. Beide verlegen nach der Erbschaft von Kunnersdorf ihren Wohnsitz „aufs Dorf“ in die Oberlausitz. 1772 verstirbt Johanna Eleonore als Witwe und kinderlos. Ab da verlässt der Besitz den Frenzel-Stammbaum.
Erneut zwei Schlösser
Wie genau das Anwesen zu Hans Frenzels Zeiten aussah, ist nicht mehr klar. Ältestes Gebäude ist das „Alte Schloss“ mit Bausubstanz um 1600. Der Großteil, den man heute jedoch sieht, stammt aus dem Anfang des 18. Jhd. Es gibt eine barocke Fassadengliederung und zwei Bogennieschen neben der Haustür mit – wieder – barocken Figuren darin. (Barock ist so Ende des 16. Jahrhunderts bis ca. 1760/70.)
Seit dem 19. Jdh wohnte im alten Schloss der Schlossgärtner. Da gibt es vermutlich schlimmeres, als als Gärtner in einem barocken Schloss wohnen zu „müssen“ 😉 Heute ist es in Privatbesitz. Nun befindet sich hier eine Zahnarztpraxis.
Das neue Schloss
1740 erbt Johanna Eleonore Kunnersdorf und verlegt ihren Wohnsitz hierher. Ab da geschiet der Bau des neuen Schlosses.
Ich hab mir bisschen die Nase an den Scheiben plattgedrückt. Einen Teil des Gebäudes nutzt heute der Abwasserzweckverband sowie ein Recyclingcenter. Einen Saal kann man mieten. (Fotos)
Und ansonsten nutzt das Schloss und die umliegende Anlage der TSV Kunnersdorf e.V. als Sportstätte.
Letzteres mag ungewöhnlich erscheinen, dass ein Schloss zur Turnhalle wird und die Parkanlage zu Grillplatz, Volleyballfeldern, Fußballplatz und Freiluftbühne. Tatsächlich kann so einem alten Kasten aber gar nichts besseres passieren, als dass er i-r-g-e-n-d-e-i-n-e sinnvolle Nutzung findet. Das gelingt längst nicht jedes Mal, wie wir noch auf der Ostseite der Neiße im Frenzelland sehen werden. Dort haben es ganz viele der alten Kästen nämlich nicht geschafft.
Klein Pückler Park
Unterhalb des Alten Schlosses schließt sich eine verwunsche Parkanlage an. Die Pläne dazu sollen vom Fürst Herrmann von Pückler-Muskau (1785 – 1871) persönlich stammen. Verantwortlich ist ein Johann Baptist von Nothomb, ein weltgewandter Diplomat, der 1851 Kunnersdorf kaufte und hier hochgestellte Persönlichkeiten zu politischen Gesprächen empfing. Sachen, die man von Kunnersdorf gar nicht denkt.
Der Park spielt mit dem Schöps, der zunächst zu einem See angestaut ist und sich dann in herrlichen Kurven vorbei an uralten mächtigen Bäumen schlängelt. Das sieht dem alten Pückler ähnlich, einen Fluss zu stauen, mit dem Fluss zu spielen und wuchtige Bäume zu setzen. Dazu einige Wiesen mit Bänken.
Nun beschreibe ich das, als müsste man da zwingend unbedingt mal hin. Ganz so fetzig ist es nicht, da die alten Sichtachsen zur Kirche Kunnerdorf, zum alten Schloss und anderen Vierseitenhöfen erstmal freigeschnitten werden müssten. Ebenso die mächtigen alten Bäume und schönen Flussschlaufen. Man braucht schon den Pücklerblick, um die Handschrift des alten Fürsten zu erkennen und das Potenzial der Anlage. Es fehlen auch kleine Brücken, damit es ein Rundweg wird. Mit einer geschickten Verbindung vom Kleinen Pückler-Park rüber zur Dorfkirche und zum Gerichtskretscham (momentan nur ein Trampelpfad), ist jedoch ganz viel Luft nach oben im überraschend schönen Kunnersdorf. Frenzel sei Dank.
Anreise
Mein Weg führte mit dem Rad bis zur Fichtenhöhe, dann dort übers Feld nach Ebersbach.
Von oben im Dorf runter zur Dorfstraße. Dann einfach am Fluss entlang bis zum Hinweisschild „Schloss“.
Sowohl die Via Regia führt fast bis nach Kunnersdorf (nämlich bis Liebstein) wie auch verschiedene Wanderwege. Vom Bahnhof Görlitz bis zum Schloss sind es 8,6 km Fußweg. Also machbar!
Mein Rückweg führte über die Kunnersdorfer Senke, an der Ferkelmastanlage rum, zur A4 und an dieser zurück zur Fichtenhöhe. Damit war es ein schöner Rundweg irgendwo durchs Nirgendwo.
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