Am 12.5.2021 hat die Bundesregierung ein Papier beschlossen, dass sofort zum 13.5. galt. Darin Regeln für die Einreise nach Polen und Tschechien, die vom RKI von Hochrisikogebiet auf Risikogebiet herunter gestuft wurden. Am 13.5. abends wurde bekannt, dass damit der kleine Grenzverkehr nach Tschechien wieder möglich ist (24 Stunden ohne Tests und Quarantäne). Für Polen kam die erlösende Nachricht am 14.5. gegen Mittag.
Seit November 2020 war der kleine Grenzverkehr nicht mehr möglich. Das waren quälende 6 Monate, wo der östliche Teil der Stadt Görlitz und sein herrliches Umland nicht mehr zugänglich waren. Eine Stadthälfte, ein Umland, welches seit Beginn der Geschichtsschreibung von Görlitz vor 950 Jahren (im Jahr 1071) untrennbar zusammen gehörten. Der Zustand nun seit November 2020 ähnelte dem nach 1945! Auch da waren binnen 2 Tagen die östlichen Gebiete abgeriegelt. Genauso wieder ab Dezember 1981, als in Polen das Kriegsrecht verhängt wurde.
Nur für den Fall, dass jemand feststellt, dass war eine Fehldeutung der Vorschriften oder in zwei Wochen wieder was neues beschließt, bin ich ohne zu zögern losgefahren. Wenigstens 1x kurz ein „Schluck“ geliebtes östliches Umland. Heimatland. An der Grenze wollte tatsächlich niemand was von mir, weder hin noch rück!
Auf nach Zgorzelec
Am Friedrichplatz gibt es neu diese Karte.
Sie erklärt den „Brückenpark“.
Auch auf deutsch!
Auch diese große Tafel war mir neu. Der Friedrichplatz von der Ruhmeshalle (ab 1904) aus fotografert von Robert Scholz. Damals noch ohne Wegenetz. Im Hintergrund der Rabenberg noch unbebaut (ab 1909 Bebauung). Das Elektrizitätswerk (ab 1895) an der Neiße ist schon da und auch die Handelsschule (ab 1898). Das Foto mag so um 1904 entstanden sein.
Hinter diesen Werbebannern stand das Offizierskasino. Das ist nun also weg.
Sie haben ja echt was drauf in Zgorzelec in Sachen Bepflanzung. Hier freu ich mich schon sehr drauf. (Bilder der Vorjahre hier)
Die neue Kuppel auf der Ruhmeshalle. Die Kaiserkrone! Seit 2 Tagen (12.5.2021) komplettiert sie das Gebäude.
Eine weitere Rabatte auf dem Friedrichplatz. Die Gestaltung mit den Holzscheiben war mir neu.
Die Ruhmeshalle nochmal von der Westseite (Eingang)
Die Freilichtbühne auf der Südseite. Hier finden übers Jahr viele Open Air Veranstaltungen statt.
Der herrliche Park mit den fetzigen Brücken auf der Westseite der Ruhmeshalle.
Entlang der Neiße
Und hier nun das polnische Neißeufer Richtung Viadukt. Vor zwei Jahren wunderbar saniert. (Fotos von damals)
Links von diesem Weg sind 3 alte Steinbrüche. An einem hingen im Januar 2021 diese abgefahrenen Eiszapfen, was wir leider nicht live sehen konnten.
Einfach schön, mal wieder auf der Seite zu stehen. Im Hintergrund das Weiße ist ein LKW der Lausitzer Philharmonie auf dem Hof der Obermühle.
Die Obermühle von der Ostseite aus.
Das Wehr an der Obermühle. Im Oktober 2020 stand ich dort das letzte Mal.
Der Viadukt. Drüben unterm ersten halben Bogen geht der Oder-Neiße-Radweg lang.
Mal wieder unter einem großen Bogen vom Viadukt stehen und singen. Unbezahlbar.
Eine weitere neue Tafel erklärt die Radwege in Zgorzelec. Ich steh am Punkt, wo mein Finger hinzeigt, und will über den grünen und roten Weg nach Radmeritz/Hagenwerder.
Das ist übrigens der Brückenkopf der Fußgängerbrücke unterhalb des Viaduktes auf der Ostseite. Auf der Westseite ist der Brückenhopf auch noch da. Vielleicht steht sie eines Tages wieder…
Und das ist (vermutlich) die Felsenkanzel von unten. Sie ist durch Aufnahmen von Robert Scholz und Postkarten ziemlich bekannt. Hier ein historisches Foto.
Und dann gabs ja noch das Jägerwäldchen mit den Schießgräben, die man bis heute in der Landschaft findet. Der Görlitzer Schützenverein (ältester Verein der Stadt!) hat da trainiert. Und unweit davon war die Militärische Schwimmanstalt. Und so findet man noch diesen Denkstein.
Moys
Und so gelangt man zum Rothwasser, welches gegenüber des Volksbades in die Neiße fließt. Es kommt aus Moys im Süden von Zgorzelec (heute Ujazd). Ich folge dem Rothwasser Flussaufwärts.
Das alte Gut Nieder-Moys. Die Besitzerin gab einst ihren Besitz, das Rothwassertal, an Görlitz, damit das Jägerwäldchen entstehen konnte. Heute ist es eine Schule.
Unweit davon die Winterfeldtkaserne. Heute Wohnungen.
Es schließt sich ein Wohngebiet an, was an einen Vorort von Hollywood oder das Phantasialand erinnert. Dort kann man ruhig mal den Radweg verlassen und bissl durch das Nobelviertel cruisen, was sich genau gegenüber von Weinhübel befindet.
Das Problem aktuell dabei: In direkter Nachbarschaft ist das Stalag 8A. Der Wunsch nach Bauland ist groß und es gibt Überlegungen, Teile vom Stalag 8A mit Einfamilienhäusern zu bebauen. Das wirft die ethische Frage auf: Darf man auf einem Strafgefangenenlager Häuser bauen?
(Fotos: Es wird gebaut, gebaut, gebaut)
Und so nähert man sich auf direktem Wege dem Stalag 8A. Infos dazu hier.
Auch hier wieder viele Infotafeln. Unter anderem zur Gmina/Gemeinde Zgorzelec mit ihren 8.000 Einwohnern.
Und dann geht es durch den russischen Märchenwald (immer noch Stalag 8A) Richtung Posottendorf und Neiße weiter.
Bei der Annährerung zum Wehr in Weinhübel schlug die Kirche gerade 18 Uhr. Herrlich auch auf der Ostseite die vertrauten Klänge zu hören. Die Grenze ist eben vor allem nur in unserem Kopf.
Posottendorf selber hat die Grenzziehung 1945 nicht verkraftet. Mit Sprengung der Brücke löste sich auch die Siedlung weitestgehend auf. Heut habe ich 3 Häuser gezählt. Ein historisches und zwei Neubauten.
Es ist diese Urigkeit, die ich so liebe am Radweg von Zgorzelec nach Radmeritz, entlang der Neiße. Im Hintergrund die Landeskrone.
Dazu satte Wiesen. Meine Ansicht für die nächsten 7 km.
Das Wehr bei Köslitz. Hier starten die Touren mit den gelben Booten und hier enden die Kanutouren vom CRT.
Der ganze Radweg ist mit Picknickplätzen und Hinweistafeln ausgebaut.
Normaler Wasserstand trotz Dauerregen von 2,19 Meter.
Dieses Wehr nehmen die Kanuten vom CRT. Die Anweisung lautet: „Mittig fahren.“
Das kleine Gebäude steht auf deutscher Seite und stammt aus den 30ern.
Idylle
Die weiße Kirche von Wendisch Ossig/Osiek Łużycki.
Und nicht sehr viel später taucht Hagenwerder auf. Mittig ragt der Bagger 1452 über die Dächer.
Und dann schiebt sich auch die graue Kirche von Radmeritz ins Blickfeld. (Wer mal rätselnd auf dem Turm vom Berzdorfer See steht: Die Kirche von Tauchritz hat keinen Kirchturm. Die graue Kirche ist die von Radmeritz)
An der Kanu-Einstiegsstelle vom CRT ist nochmals eine interessante Infotafel – mit einem Luftbild von Schloss Joachimstein, dem ehemaligen Damenstift für weltadelige Fräulein. Infos dazu hier.
Und Infos, wie die Neiße schiffbar gemacht wurde für den Freizeitsport.
Das CRT von hinten.
Und der Eingangsbereich.
Hier kann man sich auch Räder leihen.
Nix, niemand. Keine Kontrollen an der Grenze in Hagenwerder.
Mein Heimweg ging am See entlang, an dem seit dieser Woche Strandkörbe stehen.
Und so endete dieser 14.5. glücklich und zufrieden mit einer geöffneten Grenze.
Wer sich diese Radtour nochmal andersrum angucken will: Ich bin sie erstmals im August 2018 geradelt. Da war die Strecke gerade frisch fertig gestellt. Zur Bilderserie hier.
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