Plädoyer für ein bisschen Sport

Fitness-Stand-nach-30-Tagen
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Ich hab mit Sport eigentlich gar nichts am Hut. Jedoch wollte ich im Winter nicht nur auf der Couch rumliegen und vor mich hinoxidieren. Deswegen hab ich mir befristet ein Fitness-Studio gesucht. Von dem Effekt auf mein Wohlbefinden will ich hier erzählen.

Motivation

Ich wollte weder abnehmen, noch meinem Körper definieren und formen. Ich wollte auch meine Ernährung nicht umstellen oder mich verjüngen. Die einzige Idee war, nicht nur faul rumzuliegen und sich matsch zu fühlen, während draußen Gartenarbeit, Waldarbeit, Ausflüg per Rad oder zu Fuß wetter- und jahreszeitlich bedingt ruhen müssen. Sobald es draußen etwas länger hell ist und man nicht ständig festfriert, brauche ich kein Fitness-Studio. Also hab ich mir eins gesucht, was – und das war meine Bedingung – mir keinen Jahresvertrag aufschwatzt, sondern mich nach 1-3 Monaten wieder gehen lässt.

Check-Up

Ein junger Trainer nahm sich meiner an und prüfte meinen allgemeinen Zustand vor Trainingsbeginn.
Kraft wie eine 26-Jährige.
Flexibilität, das meint Dehnbarkeit und Stretching, wie eine 29 Jährige.
Wenn ich jetzt sage, dass ich doppelt so alt bin, war das schon erstaunlich und erfreulich.

Böse Zungen im Bekanntenkreis behaupteten ja, dass würden die Extra so machen, um Kunden zu binden mit einem erfunden Lob. Und als meine Werte dann auch noch besser wurden, wurde eine ähnliche Mogelei vermutet. Aber nein! Ich habe auch mitbekommen, wie ein End-50er neu zum Training kam und Werte eines Anfang 60-Jährigen bescheinigt bekam. Dort war wirklich handlungsbedarf. Gelogen hat die Analyse glaub wirklich nicht.

Ein letzter Wert der gemessen wurde, waren die Kardiowerte. Die lagen im Normalbereich für mein Alter.
Und auf dieser Basis ging es los…

Trainingsablauf

Das Fitness-Studio hätte mir Sauna, Sportkurse (Gruppen), Gesundheits-Infoveranstaltungen, sowie sämliche Ballsportarten ermöglicht. Ich wollte aber nur Kardiogeräte, Muskelaufbau-Geräte und bisschen Dehnungsübungen. Es hat also stets mit einem selbst zu tun, sich aus dem Pool der Möglichkeiten sein Training zu basteln.

Mein Wunschtraining bestand aus 15 Minuten Stepper, 2-3 Runden durch 15 Geräte, danach Dehnungsübungen, nochmal 15 Minuten Stepper und fertig. Das brauchte pro Besuch zwischen 1,5 – 2 Stunden. Mit dieser Zeit muss man wohl rechnen.

Anfangs war ich täglich, bis ein Trainer sagte, ich müsste auch Pausen machen. Jeden Tag trainieren sei nicht gut. Sogleich fielen mir die Eingeborenen aus Papua-Neuguinea ein, die fest daran glauben, dass man krank wird, wenn man mehr als zwei Tage am Stück „arbeitet“. Wie das allerdings gesehen wird bei Menschen mit körperlich anstrengenden Berufen in unserem Kulturkreis, weiß ich nicht. Ich hielt mich dran und ging nicht mehr ganz so oft die Woche. Ich kann aber auch anmerken, dass eine Woche ohne Training bzw nur 1x Training pro Woche, mir tatsächlich zu wenig erschien.

Wenn ich beim Training 3x durch die Geräte bolzte, bin ich abends 20 Uhr auf der Couch eingeschlafen. Wer also Einschlafschwierigkeiten hat, ich kenne da eine Lösung! Ich habe an Tagen, wo ich noch etwas vor hatte, nur 2 Runden gedreht und somit genug von mir „übrig“ gelassen.

Effekte auf mich

Was jetzt kommt, klingt wie aus einem sehr kreativen Werbebüro. Es war aber wirklich so. Ich habe extra alles mitgeschrieben, was merklich-spürbar anders wurde:

Tag 1: Noch gar nichts!
Tag 2: Ich hatte plötzlich Lust alten Rassel auszusortieren, von dem ich bisher immer dachte: „Ach naja, ist ja noch gut. Vielleicht brauch ich das ja nochmal…“ Ihr kennt das. Und ich hatte Lust auf Barfuß laufen (in der Wohnung). Ein neues Körpergefühl stellte sich ganz leise ein.
Tag 3: Meine Träume waren plötzlich sehr viel positiver. Und ich habe nachts durchgeschlafen.
Tag 4: Meine Haltung wurde merklich aufrichter. Und ich konnte an jedem Gerät 1 Kilo mehr auflegen und das fast bei jeden Trainingstag. Nach vier Tagen hatte mein Körper also die neue Beanspruchung verstanden und machte brav mit.

Tag 6: Fensterputzen war noch nie so leicht. Wo ich sonst nach zwei Fenster keine Lust mehr habe, hatte ich derart viel Schwung und Kraft, dass ich alle Fenster auf einen Ruck geputzt habe.
Tag 7: Es passten wieder Hosen, die ich in das extra Fach „wartet auf besser Zeiten“ verräumt hatte. Hüftgold, Bauch, Beine, Po schmelzten.
Tag 8: Ab da lachte ich viel mehr und nehme inzwischen vieles leichter.
Tag 9: Kein Suppenkoma mehr nach dem Essen. Der übliche Schlafwagen bleibt aus. Fit nach dem Essen. Das kennen sonst nur Kinder (und offenbar Sportler!).
Tag 13: Eine neue Kraftmessung bescheinigte nun ein Alter von 25 Jahren.
Tag 17: Alle Probleme erschienen plötzlich so klein und nichtig.
Tag 20: Eine Runde Staubsaugen in der ganzen Wohnung ging so leicht, dass ich noch einen Badputz angehangen habe.

Dann hab ich nicht mehr so genau mitgeschrieben, sondern war angekommen in einem neuen Kraftlevel, welches den Alltag massiv erleichterte. Final hab ich sogar einen großen Teppich gewaschen, der hölle schwer wurde sobald er nass war. Es hat mich nicht mehr geschreckt.

Eindrücklich war auch noch folgendes: An manchen Tag fühlt man sich antriebslos und zermatscht. Man nascht eine Schokolade, in der Hoffnung, bissl Zucker brächte einen in Schwung. Man trinkt einen Kaffee, damit der vielleicht den nötigen Schub gibt. Aber nichts passiert. Final waren es 15 Minuten Stepper und ich war wieder klar und frisch im Kopf. Hätte ich nie gedacht, dass dies die Lösung sein könnte. Einfach mal bewegen – es ist so einfach!

Gewichtsverlust

Dieses Ziel hatte ich überhaupt nicht. Nach 23 Tagen hab ich mich mal gewogen und trotz deutlicher Muskelzunahme und sichtbarem abschmelzen der Fettpölsterchen, war es der selbe Wert, wie anfangs. Muskeln sind jedoch bedeutend schwerer, wie Fett. Hier hatte also eine Masse-Verschiebung stattgefunden. Nach 50 Tagen fehlen nun doch 9 Kilo. Darüber bin ich bissl traurig. Es hat ein Leben lang gedauert, sie draufzufuttern. Aber hier verbirgt sich für alle die entscheidene Stellschraube…

Ernährung

Ein Freund, der mit Personal-Trainer via App auf dem Fußboden seines Schlafzimmers rumsportelt, sagte zu mir: „80% des Erfolges sind die Ernährung, 20% sind der Sport.“ Wer große Erfolge feiern will, stellt seine Ernährung um. Dafür gibt es Kurse und ausgebildete Trainer. Ich habe das nicht getan. Es gab auch weiter Schnitzel, Pommes, Bratkartoffeln, Schoki und alle Sünden, die man sich vorstellen kann. Ich wollte ja gar nicht abnehmen.

Finaler Fitness-Stand

Eine weitere Kraftmessung nach 29 Tagen ergab Kraft, wie eine 21-Jährige. Das ist das Level eines jungen Erwachsenen in der Blüte seines Lebens. Was will man mehr? Die Dehnbarkeit hab ich zwar (noch nicht) nochmal gemessen, aber auch die ist spürbar besser geworden. Jungbrunnen Fitness-Studio!

Ich kann jetzt Liegestütze und Klimmzüge (mit Unterstützung). Ich rocke den Haushalt, als wäre nichts schweres dabei. Ich fühl mich nochmals anders wohl in meinem Körper. Und ja, es ist durchaus geil zu wissen, dass man das 3-fache seines eigenen Körpergewichts einfach mal wegschieben kann. *Ameisenpower

Die anderen

Hallo & Tschüss
Während man so vor sich hin rödelt, hat man Zeit seine Sozialstudien zu betreiben.
Auffallend ist, dass auch in einem Fitness-Studio die Kunst des Blickkontakts, des freundlich Lächelns, des Grüßens nicht mehr verbreitet ist. Das hat mich überrascht. Ich hätte gedacht, dass sich gerade DA eine Gemeinschaft entwickelt. Aber ich höre auch von Besuchern von zwei anderen Studios, dass es „nicht mehr so ist, wie früher.“ Wir verschenken uns da was, alle miteinander. Tatsächlich hab ich in 2 Monaten nur geschafft mit einer (von vielleicht 200 Menschen denen ich begegenet bin) ein Gespräch zu führen. Das ist das traurige Abbild unserer gegenwärtigen Gesellschaft…

Die Irländer haben da einen sehr schönen Spruch: „Ein Fremder ist immer ein Freund, den man nur noch nicht kennt.“

„Zeig mir deinen Bizeps, Trizeps…“
Es gibt sie wirklich, die selbstverliebten Muskelküsser vor dem Spiegel. Die so laut stöhnen müssen, dass es auch ja jeder hört, wie sie schuften und ackern für ihre Figur. Das ist köstlich bis abstoßend, ich war mir da unsicher. Gleichzeitig gibt es die alten Herren, die ganz ohne stöhnen 30 Klimmzüge hinlegen. Beeindruckend und ein schöner Richtwert fürs Älterwerden: Das geht auch in der Variante agil und sportlich.

Das viele Potenzial
Mir fiel mein Vati wieder ein, der in seinen besten Jahren die Figur der Kerlchen hatte, die im Fitti vor sich hinschuften. Vati war damals nicht im Fitness-Studio, Vati war arbeiten und danach noch pfuschen und Freunden helfen. Vati hat sich nützlich gemacht. Ich hab so manches Mal überlegt, wieviel Potenzial hier eigentlich flöten geht, weil die Leute Stangen vor und zurück und rauf und runter schieben. Wenn die alle so aktiv ihren Nachbarn und Freunden helfen würden, sich zu einem NAW versammeln und Parkanlagen in Ordnung bringen, Vereinsgebäude bauen, Bäume pflanzen, Zäune setzen etc würden. Irre! Wer bisher noch nicht die Idee hatte, bekommt sie jetzt von mir: Aufrufe nach Freiwilligen IMMER im Fitness-Studio auslegen. Dort sind Menschen, die rödeln ohne gesellschaftlichen Nutzen vor sich hin. Und manch einer will vielleicht sehr gerne mal zeigen, was für Kraft in ihm steckt.

Lust auf Sporteln?

Ja! Nach der Erfahrung ja. Und ich hoffe, ich habe ein kleines bisschen Lust gemacht, selber den eigenen Körper in die Hand zu nehmen und etwas zu tun. Es muss keine Meisterschaft werden. Man besiegt im Grunde sowieso immer nur sich selbst.

Studios

Ein Trainer meinte zum Abschied zu mir, ich soll dran bleiben, auch präventiv. Das sei wichtig.
Werde ich! Aber lebenspraktisch und sinnvoll, mit Gartenarbeit, Waldarbeit, Holz machen, Ausflügen zu Fuß oder mit Radtouren, Inlineskaten u.s.w.. Und im Herbst bin ich wieder da… in einem der Studios für einen kurzen Vertrag über den Winter. Damit ich nicht roste und meine guten Werte halte – bis ins hohe Alter!

Wir haben um die 10 Sportcentren in Görlitz. Probierts – für Euch!


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