Altstadtfest, nur ein bisschen getrübter.
Genau das ist mein persönlicher Eindruck vom Montagsspaziergang. In der Zeitung steht seit Wochen und Monaten was anderes. Aber was weiß man schon, wenn man nicht selber vor Ort war? Und sieht man die Welt nicht immer NUR SO, wie man selber ist?
Ich wars mir also angucken!
Vor dem Beginn liefen ein paar Leute rum und verteilten ihre Theorien auf Zetteln. Nunja, hat man das nicht auf jedem Stadtfest, dass man einen Flyer zur abendlicher Party oder zum Bühnenauftritt zugesteckt bekommt? Oder links-rot-grün-blau-lila einen Flyer zusteckt? Das ließt man – oder auch nicht. Ich habs tatsächlich noch gar nicht gelesen.
Dann folgten die Durchsagen des Veranstalters. „Maske oder Abstand. Die Polizei geleitet uns Berliner, Bahnhofstraße, Jakober, Postplatz, Marienplatz, Steinstraße, Obermarkt, Brüderstraße, Untermarkt und hält den Verkehr an.“ Das hat sie prima gemacht – und sonst gar nichts. Ich habe keinen Zwischenfall beobachtet. Ich bin aber von Natur aus auch nicht dort, wo Zwischenfälle stattfinden. Wir alle haben doch einen inneren Sensor für Ärger und keinen Bock drauf.
„Lasst die Straßenbahn durch!“ Das hat jetzt nicht so geklappt bei 1.600 Leuten. Und so mancher Pizza-Dienst kam wohl auch nicht mehr durch. Sorry. Montags zwischen 18:30 – 20 Uhr einfach damit rechnen, nimmt den Stress raus.
„Lasst Euch nicht provozieren. Bleibt ruhig, wenn jemand die Veranstaltung stört.“ Als uns die kleine Flaggenkunde der Spaziergänger hinter uns auf den Keks ging, bat ich meine Herde kurz mal stehen zu bleiben. Wir ließen die Herren durch und schon war das Problem gelöst. Immer wieder erhallte der Ruf: „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“. Wir waren eher beschäftigt mit „Frieden, Freiheit – hast du die Schuhe gerade gesehen? Oh man waren die toll. Ich war so ewig nicht mehr in einem Schuhladen.“
Jeder kann doch selbst bestimmen, womit er sich beschäftigt. Beim Altstadtfest entscheidet man sich doch auch für die Gegend im Stadtgebiet, die am besten zu einem selbst passt. Und bei der Auswahl unserer Lieblingsmenschen gelingt uns das auch.
„Leider kommt es zu keinem Gespräch zwischen MP oder Landrat.“ Das hat mich traurig gemacht. Ich dachte immer, das passiert nur unter Frauen. Da gabs mal so einen Witz, dass es bei Frauen an der Macht zwar keine Kriege mehr gäbe, aber ein paar Länder die tickschen und nicht mehr miteinander reden. Von Männern dachte ich immer, die gehen in ihre Höhle, grübeln und dann kommen sie raus, trinken zusammen ein Bier und es geht wieder. Wann haben wir aufgehört miteinander zu reden? Seit wann ist unsere Angst vor dem anderen größer, als der Wunsch nach Verständigung?
Man muss damit leben, dass Hinz und Kunz die Kamera drauf hält und man keine Ahnung hat, was mit dem Bildmaterial geschieht. Is (leider) so!
Mein Herz ist gehüpft, als zwei ziemlich alte Leute mit einem Rollkoffer mit Musikbox drauf auf der Jakober Ecke Schulstraße einscherten und laut Musik spielten. DAS ist es, wie ich Demonstration bzw Straßenumzug kenne. Bunte Paradewagen und das Leben feiern. Vermisst habe ich auch, dass an allen Kreuzungen nochmal eine kleine Durchsage kommt, warum wir heute hier sind, was wir fordern. So war es doch ein recht stiller Trauermarsch mit Friedhofslichtern in der Hand und hin und wieder ein paar Trillerpfeifen. Von Demonstration hatte es wenig.
Und dann bin ich mir selbst begegnet.
An der Rathaustreppe, wo viele Menschen Kerzchen aufstellten. Die übliche Straßenenge, wo sich die Görlitzer quetschen und schieben beim Altstadtfest. X-Mal mussten wir grüßen und knuddeln und schnell 3 Worte wechseln. Alte Bekannte, Nachbarn, Verwandte. Es war wirklich wie Altstadtfest, nur das die Gesichter ernster waren, die Musik fehlte, der Duft von Lagos und Bratwurst ausblieb. Und tief in mir drin habe ich gespürt, wie ich mich selbst inzwischen vermisse. Das auf Partys gehen, mich ins Getümmel stürzen, der Schwatz am Wegesrand, die Leichtigkeit des Seins.
Ja, ein stiller Spaziergang im Dunkeln mit Friedhofskerzen ist genau genommen ziemlich passend zur Gesamtsituation. So ist – aus meinen Augen – Montagspaziergang.
(Ein Betrag vom 18.1.2022)
Statistik
Ich wusste nicht, wie vielen Menschen ich mit diesem Text aus dem Herzen spreche. Bis 29.1., also 11 Tage lang, wurde der Beitrag geteilt. Er erreichte 392.903 Menschen, erhielt 3.879 Likes, wurde 726x geteilt, es gab 170 Kommentare.
Aus den Kommentaren
Mehr noch, wie die Statistik, wird aus den Kommentaren ersichtlich, wie geknechtet und bedrückend viele meiner Leser die damals zwei Jahre andauernden Corona-Maßnahmen und die im Raum stehende Impfpflicht für Gesundheitsberufe empfanden. Und wie sehr alle – so wie ich – Normalität vermissten.
„Schön geschrieben“
„Danke“
„Schön geschrieben! Ein Exilsachse in Österreich. Wir bleiben stark für unsere Kinder! Zum Glück darf man hier bei den Demos noch ordentlich Krach machen!
„
„ich hoffe die Montage finden weitere Orte. Mehr als 10 Spazierende muss die Polizei ausrücken zur Kontrolle wegen einer möglichen Versammlung. Keine Sorge ist alles Zufall und bitte beantwortet keine Fragen zum Spaziergang. Lasst euch nicht von Söldner provozieren – macht weiter und lasst Söldner Dienst tun 
Haltet euch von angeblich festgenommen fern, denn mit großer Gewissheit ist das ein Söldner in Zivil. Das Zeil Unruhe stiften. Darum wendet euch ab und schnell dürft ihr sehen wie der Gleiche an anderer Stelle erneut von seine Kollegen bedrängt zu Boden geworfen. Dies ist seit den Atomdemos üblich bei Söldner.“
„Und während wir gegen die Maßnahmen auf die Straße gehen ,andere brav Impfen gehen und sich dann über die Menschen auf der Straße aufregen ( die Spaltung ist perfekt) . Im Hintergrund schießen daweil die Preise an die Decke und ein Ende ist nicht in Sicht. Für mich ist Montag Protest nicht mehr nur Maßnahmen, diese ganze Regierung muss weg . Peinlichkeit ist noch zu harmlos . Und wenn ich an letztes Jahr denke , sobald diese Maßnahmen gelockert werden ,geht keiner mehr Montags auf die Straße . Der größte Fehler.“
> „Also wir gehen gegen die “ allgemeine Impfpflicht“ gegen die “ Maßnahmen“ uuund gegen die Regierung auf die Straße“
> „das stimmt auch diese Probleme müssen bei der Demo mit aufgenommen werden auf den Plakaten drauf aufmerksam gemacht diese Preise kann bald keiner mehr bezahlen egal ob geimpft oder nicht…..Leute geht auf die Straße nur gemeinsam sind wir stark…..“
„Danke, Du sprichst mir aus der Seele“
„Sehr gut geschrieben 
„
„Sehr schön 
„
„Wunderbar geschrieben“
„Danke für diese Bericht. Genauso sind Spaziergänge. Und mir persönlich ist es völlig egal ob, warum und wie oft sich jemand impfen lässt. Ich möchte nur dass akzeptiert wird, dass ich es nicht will. Und darum gehe ich spazieren.“
„Auf den Punkt. Klasse geschrieben 
„
„Wow.. danke für diesen tollen Beitrag!!!!“
„Das wird aber der Stadtgeflüster stay Home Booster dich tot Klientel jetzt hier nicht so gefallen. Wobei ich mir sicher bin wenn der Wind sich dreht,und er dreht sich gerade dann waren es insgeheim alles Widerstandskämpfer und haben schon immer gewusst das es nicht um ein Virus ging.“
> „Frank Schuster-Meier genauso 
am Schluss war keiner wirklich einverstanden!!“
„Danke „
„Mir so was von aus der Seele geschrieben! Tausend Mal DANKE! 
„
„Schön geschrieben 
„
„Ganz großartig und einfühlsam geschrieben. Trifft genau den Kern der Zeit. Ein kleiner, sehr feiner Artikel, der sicherlich die Stimmung vieler „Spaziergänger“ repräsentiert. Vielen Dank dafür 
„
„Meinen größten Respekt“
„Der Schluss ist so toll und mitfühlend geschrieben,hatte ja gleich Pippi in den Augen 
„
„Ja Deutschland wird zum Friedhof : der Kommunikation, der Kultur, des freien und ehrlichen Journalismus, der Fröhlichkeit und Freude, der Begegnung, der Menschlichkeit, des Friedens …..des allmeinen unbeschwerten Lebens.“
„Ich denke, das beschreibt durchaus einen nicht unerheblichen Teil der Teilnehmer. Wir haben nicht nur die Meinungstoleranz verloren, sondern wir verlieren zusehends die Toleranz an sich.“
„Dieses Gefühl tragen im Moment ganz viele Menschen in sich 
. Sehr schön geschrieben 
„
„Wahre Worte. Ein lieber Gruß geht in die Heimat.“
„Danke für den schönen Text, genauso läuft es beim Spaziergang am Montag , man muss es selbst erleben, also keine Vorurteile!!!!!die Medien berichten meist das Gegenteil und hören nicht was den Menschen wirklich bewegt….“
„So fühle ich mich auchToll geschrieben Schreibe wie du denkst (Johann Wolfgang von Goethe)„
„Schöne Grüße aus Bad Belzig im Fläming nach Görlitz!„
„Genau so ist es,,, Sollten sich mal mehr Menschen vor Ort ein eigenes Bild machen und nicht immer glauben was in den Mainstreams kommt, denn das kommt nicht darin vor,“
„Danke“
„Das liest sich mal ganz anders als die Berichterstattungen im Fernsehen.Einmal mehr drängt sich mir der Verdacht auf, das wir von dort nur in eine Richtung ,,informiert, werden.Danke für ihre Wahrnehmung“
„In der SZ gerade den Beitrag zu gestern gefunden… Waren doch ’nur‘ 800 Leute 
ich finde Deine Worte so faszinierend und super und so wahnsinnig echt… Wir fühlen uns auch so, uns fehlt was… Sei es das Altstadtfest, der Weihnachtsmarkt, einfach das schnattern…Wir fühlen im Herzen doch gleich… Alle wollen ein Miteinander…“
> „die SZ ist und bleibt eben ein Schmierblatt….von der Wahrheit oft weit entfernt! Finde die Worte von unserer Insiderin auch wundervoll 
„
„Danke für die hautnahe Beschreibung, das regt wirklich zum Nachdenken an. Ich bewundere immer wieder die Menschen 1989, die dann tatsächlich etwas bewegt haben. Leider sind heut viele zu feige oder bequem was zu tun. Wahrscheinlich geht es uns noch zu gut? Ich Frage mich, wieviel können wir noch aushalten,bis noch mehr Leute aufstehen?“
„Sehr schön be- und geschrieben!“
„So ist es einem ums Herz, wenn das Grundgesetz begraben ist“
„Nächste Woche sind wir mit dabei „
„Einfach alles gesagt mit diesen Worten. Danke“
„Wunderschön geschrieben und genauso empfinde ich es auch. Dankeschön 
„
„Danke lieber Görlitz Insider Wie gewohnt mit Charme und Humor geschrieben, ein paar Dinge zwischen den Zeilen versteckt, und vor allem so treffend und so traurig. Mir kamen beim Lesen die Tränen, so sehr berühren die Zeilen, die mutigen Menschen und die Situation.“
„Danke für den tollen Bericht 
„
„Sehr schön!“
„Lesenswert… Sehr gut geschrieben „
„Ganz toll geschrieben „
„Darf man dieses auch teilen so geht es auch mal auf Reisen dieser Post….? Aber echt gut geschrieben man vermisst schon so vieles..“
„Toll geschrieben“
„Danke für den ausfürlichen Bericht über die Beobachtung..“
„Danke für diesen tollen Bericht“
„Gut be-und geschrieben! Liebe Grüße aus Dresden 
„
„Das waren tolle Schuhe 
„
„Ein schöner Text 
Ich habe die Spaziergänge bisher als Ausdruck von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gesehen. Aber es stimmt, die Traurigkeit schwingt mit…“
„Danke schön…so habe ich es ähnlich gestern empfunden!!
„
„Sehr gut geschrieben. Schade auch, dass diejenigen, die immer laut getönt haben, man soll andere Meinungen akzeptieren, auf einmal ganz anderer Meinung sind. Das finde ich sehr traurig.“
„Toll geschrieben 
„
„Schön geschrieben!“
„Besser kann man es nicht beschreiben, so treffend die Gesamtsituation dargestellt . 
„
„Du tolle Insiderin“
„Dem ist nichts hinzuzufügen „
„Danke für den Text. So ist es immer noch am besten. Sich selbst ein Bild davon machen dann kann man auch darüber urteilen. Weiter so. 
„
„Danke für deine Worte , mein Empfinden ist ganz genauso und auch ich vermisse teilweise mich selbst 
traurig aber wahr! Bin froh das ich wenigstens noch auf Arbeit gehen kann ohne Einschränkung und ich auch dort mein Lachen nicht verliere….manchmal mehr Schein, als Sein…. weiß nur keiner, weil mich alle anders kennen….Naja und zu dem Statement tickschen das können auch Männer ganz gut 
Kommt gut durch die Woche!“
„Achso, die Fitnessuhr hatte 2,7 km aufm Tacho.“
> „Dankeschön, da lag ich mit meiner Schätzung von 2,5 km doch ziemlich gut. „
„Super geschrieben- und beschrieben. „
„Danke! Sehr schöner, unaufgeregter, authentischer und lebensnaher Text.“
„Sehr schön geschrieben „
„
Sehr schön geschrieben „
„Schon bedrückend und traurig die ganze Situation! Starker Artikel! „
„Toll geschrieben“
„Ich vermisse auch dieses Getümmel. An jedem Stand einfach nur gucken, und dann doch irgendwie etwas kaufen. Seit Mitte 2020 fehlen so viele Erlebnisse in meinen Erinnerungen..“
Ich möchte nicht, dass es eines Tages heißt, alle hätten 2020 – 2022 alles gut gefunden. So war es nicht! Daher konserviere ich alle diese Kommentare.
Geimpft gegen Ungeimpft, Jung gegen Alt, Ideologie gegen Wissenschaft, rechts gegen links, oben gegen unten…
… und niemand durchschaut es!
Ich musste mich – wie viele andere – verteidigen für mein empfinden und erleben. Deswegen schrieb ich am 19.1.2022:
„Ich wurde hier gestern mehrfach gefragt, wieso ich nicht gleich die Flyer durchgelesen hab? Und wieso ich hinter „Freie Sachsen“ und Q-Anons laufe? Damit mache ich mich doch mit denen gleich.
Das denke ich nicht! Ich bin und bleibe ich, auch wenn auf der selben Straße oder im selben Supermarkt ein anders denkender Mensch ist.
Die SZ hat vor 2 Tagen den Großschönauer Bürgermeister gefragt, warum er in Zittau mitläuft. Er hat sehr treffend geantwortet:“
Was wir eigentlich brauchen, ist den Dialog, das Miteinander, das Ernstnehmen, das Zuhören, das Lösungen suchen….
Wer geht wirklich montags spazieren?
Zum einen grundsätzlich mehr, wie die Tageszeitung am folgenden Tag berichtet. Das ist eine Taktik, um den Montagsspaziergang madig zu machen. „Eine Hand voll Verwirrter“, dass soll der Eindruck sein. Alles ganz „iiiiihh bäh bäh, geht da blos nicht hin.“ Das funktioniert natürlich nur bei einem ganz kleinen Teil der Bevölkerung.
Ich habe dort gesehen: Sehr viele Selbstständige – es sind sehr viele bekannte Görlitzer Unternehmen vertreten, Stadtbekannte Ehrenamtler, einen ehemaligen OB, verschiedene Ärzte, sowieso viele Menschen aus dem Pflegebereich mit ihren Angehörigen, immer auch Linke – übrigens mehrere. In Summe eher die Mitte der Gesellschaft, die Arbeiter, die großen und kleinen Helden des Alltags. Ich weiß weiterhin aus mehreren Berufsgruppen, dass die Angestellten gern montags spazieren würden, es aber unterschreiben mussten, dass sie es nicht tun werden.
Was jeden Montag gesprochen wird, kann man sich wöchentlich auf Youtube ansehen.
Macht Euch euer eigenes Bild!
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