
Das Krematorium Görlitz hatte Mitte Februar bereits 400 Einäscherung in diesem Jahr. Das ist extrem viel und erinnert an den ersten Coronawinter 2020/2021. Allein der Aufschrei fehlt und das mediale Interesse. Hier die Zahlen:
2020/2021
Zunächst ein Rückblick, um den roten Faden zum Thema zu stricken:
2020/2021 also, da fing es im November an: 130 Todesfälle Stadt Görlitz. Aber das ist für das Görlitzer Krematorium nur die Spitze des Eisberges. Es erhält Aufträge aus dem gesamten Landkreis Görlitz und auch aus Teiles des Landkreises Bautzen. Die Görlitzer Sterbezahl hat nichts mit dem Auftragpensum des Krematorium zu tun. Und so lag die Zahl der Einäscherungen im November 2020 bei 213, also doppelt so viel.
Im Dezember 2020 ging es weiter: 161 Todesfälle Stadt Görlitz, 332 Einäscherungen im Krematorium. Die Medien wurden aufmerksam, in den Gängen des Krematoriums stapelten sich damals die Särge, weil die 33 Kühlboxen nicht mehr ausreichten.

Ich war mir das damals selber angucken und startete eine Spendenaktion. Wir konnten zwar die Arbeit nicht weniger machen, aber mit Getränkespenden, Obst, Schoki, Tiramisu, Pizza u.s.w. den 30 Mitarbeitern des Städtischen Friedhofs das Gefühl vermitteln, dass wir gedanklich bei ihnen sind und hoffen, sie bleiben bei Kräften. Zur Spendenaktion von damals.

Damit war das Sterbehalbjahr noch nicht geschafft:
Im Januar 2021 starben 105 Görlitzer, das Krematorium äscherte bis 13.1. schon wieder 161 Menschen ein. Vielleicht 300 im gesamten Januar? Eine abschließende Zahl fehlt mir. Aber es blieb den ganzen Januar überdurchschnittlich. Erst im Februar beendeten wir die Spendenaktion. Da waren die Zahlen immer noch hoch, aber in Übereinkunft mit der damaligen Friedhofschefin wollten wir die Gunst der Görlitzer auch nicht überstrapazieren.
Normal sind 8 Einäscherungen am Tag. Dann fährt der Ofen am Freitag Abend runter, ruht sich Samstag und Sonntag aus und Montag geht es weiter. Das gelang im ersten Corona Winter nicht mehr. Der Ofen lief bis Samstag Abend. Das Krematorium fuhr Doppelschicht und äscherte nun statt 8 Särgen tgl 14 – 16 ein. Der Ofen lief im Dauerbetrieb und machte folglich irgendwann schlapp. Am 4.12.2021 kam es dann zum Ofenbrand. Danach war eine Sanierung nötig.
In diese kleine Rückschau hab ich alle wichtige Daten gepackt, die man wissen muss, um die Zahlen und die Arbeitsweise des Görlitzer Krematoriums zu verstehen.
2022/2023
Zwei Winter später, war es nicht einfacher. Stutzig gemacht hatten mich damals die vier Seiten Todesanzeigen im Kurier. Ich fragte also beim Friedhof an und jaja, Land unter herrschte schon seit Beginn des Jahres 2023. Aber für einen neuerlichen Hype der Medien hatte einfach keiner Zeit. Deswegen war es nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Irritierend damals: An jedem Sarg stand nun nicht mehr „Corona“. Nun waren es Herzinfarkte, Lungenentzündungen, Krebs, alles mögliche. Ein breites Spektrum, ohne erkennbaren roten Faden. Die Toten waren – ebenfalls anders, als in den Corona-Wintern – nicht mehr nur vornehmlich betagte Senioren, sondern zwischen 50 bis hochbetagt. Gerade die verhältnismäßig Jungen dabei konnte sich niemand erklären.
Hier der Bericht aus 2022/2023.
In Zahlen sah das damals scheinbar gar nicht so schlimm aus:
November: 73 Görlitzer verstorben, Dezember 90, Januar 143.
Einäscherungen immer ca. doppelt so viele. Im Januar 2023 ca 280.
Also wieder Doppelschichten, wieder Särge in den Gängen.
2024/2025
Und jetzt?
Jetzt stöhnte eine befreundete Bestatterin: „Ja, es ist reichlich. Es fühlt sich fast wieder so an, wie bei Corona.“ Und das Görlitzer Krematorium zählte bis Mitte Februar bereits 400 Einäscherungen! Ein Umstand, über den erneut niemand spricht.
In Zahlen sieht das Sterbehalbjahr bisher so aus:
November 2024: 88 verstorbene Görlitzer. Dezember 68 – ein Wert wie vor Corona, also wie das alte Normal! (von 2019 und 2017 zum Bsp). Aber dann der Januar: 115 verstorbene Görlitzer. Und im Februar 90. Der jeweils doppelte Wert zeigt die Arbeitsleistung des Krematorium. 400 Einäscherungen bis Mitte Februar. Das ging erneut nicht mit 8 Einäscherungen am Tag.

Wenn wir in den letzten Wochen den Kurier aufgeschlagen haben, dann waren es Woche für Woche wieder vier Seiten Sterbeanzeigen. Das schlimme daran auch in diesem Winter: Die viel zu früh Verstorbenen. Die Jahrgänge von 1930 – 39, die also heute 86 bis 95 Jährigen wären vermutlich „normal“. Vielleicht auch noch die 1940 – 45er, die also heute 80 bis 85 Jährigen. Aber alle anderen?
2020 habe ich notiert: „Durchschnittlich werden im Kreis Görlitz Frauen 83 Jahre alt, Männer 78 Jahre.“ Eventuell ist diese Zahl inzwischen nach unten zu korrigieren. Irgendetwas oder irgendjemand raubt den Menschen ihre durchschnittliche Lebenserwartung seit 2020. Jeder, der jemand viel zu früh beerdigen musste, wird wissen, was ich meine.

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