Die Geburt eines Sternenkindes am Klinikum Görlitz

Stille-Geburt-Tuerschild
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Nach dem Beitrag zu den Sternenkindern auf dem Friedhof Görlitz, erreichten mich viele Zuschriften mit Fragen. Genauso erging es dem Kreißsaal Görlitz und der Pressestelle des Klinikums. Deswegen hier die Fortsetzung zu diesem sensiblen Thema, welche die meisten dieser Fragen beantwortet.

Was ist ein Sternenkind?

Ein Sternenkind ist ein Baby, was noch im Mutterleib verstorben ist. Die Babys wiegen unter 500 Gramm und/oder haben die 24. Schwangerschaftswoche nicht erreicht, sie sind nicht lebensfähig. Laut Sächsischem Bestattungsgesetz sind diese Kinder nicht bestattungspflichtig.

In Görlitz gibt es dennoch das Sternenkindergrab und 1x im Jahr eine Sternenkinder Trauerfeier. Unser Klinikum behandelt das Thema sehr sensibel und einfühlsam. Wie, dass habe ich mir erklären lassen und will es hier zeigen und erklären.

Tür zur Geburtenstation im Klinikum.

Winzig kleine Anziehsachen

Eine der häufigsten Fragen war immer wieder: Gibt es irgendwo Handarbeitsgruppen für Sternenkinder? Braucht es Wolle? Kann ich irgendwo mitmachen? Braucht es Kleidung für Sternenkinder?

Letzteres kann ruhigen Gewissens mit „Nein“ beantwortet werden. Vor ca. 10 Jahren trat die „Kleidung für Engelchen Sternchen“ an das Klinikum heran. Das ist eine Gruppe, die ehrenamtlich Sternenkinder-Kleidung herstellt und deutschlandweit versendet. Sie fragten, ob sie kleine und kleinste Anziehsachen ans Klinikum schicken sollen? Dann kamen riesige Pakete. Es sind mehrere solche großen Kisten voll.

3 solche Kisten voll existieren.

Das reicht ungelogen für die nächsten 10 Jahre, denn zum Glück ist eine Sternenkinder-Geburt ja die Ausnahme.

Die kleinen Anziehsachen sind alle nach Größen sortiert.

Alles sortiert nach Größen.

Für die ganz winzigen Fälle sind kleine Decken dabei oder winzige Taschen und solche kleinen Boote (Archen).

Winzige Arche für Sternchen.

Passend zu den kleinen Anziehsachen gibt es immer ein winziges Plüschtier, was dem Sternenkind dazu gelegt wird. Außerdem in den selben Farben und aus dem selben Material etwas, was den Eltern als Erinnerung mit nach Hause gegeben wird zusammen mit einer Karte.

Andenken in genau der Farbe.

Diese Sachen sind in großer Vielfalt und mit wirklich viel Liebe gearbeitet.

Große Auswahl in allen Größen, allen Farben, ganz liebevoll gefertigt.

Für die Sternenkinder ist also ausreichend gesorgt.

Kleidung für Babys

Was das Klinikum wirklich bräuchte, sind kleine Socken für die lebenden Babys, denn die haben öfter mal kalte Füßchen. Da bestünde wirklich Bedarf. Wer sich also hierbei befleißigen will, kann Kontakt mit der leitenden Hebamme (03581 373140) aufnehmen.

UPDATE vom 13.4.2020:
Dieses Problem ist behoben. Den Aufruf haben sich die Damen von „Freude schenken mit Wolle“ nicht 2x sagen lassen und losgelegt. Eine niedliche Beschriftung hat noch eine weitere Dame mit Corona-Freizeit beigesteuert. Und schon konnte der Osterhase am 12.4.2020 erstmals liefern. Die Strickerei für diesen guten Zweck geht in dieser Gruppe ganz bestimmt weiter. Und so ist nun für alle Babys gut gesorgt.

Abdrücke von Füßchen und Händchen sowie Fotos

Eine weitere Frage war, wie das mit Fotos von Sternenkindern aussieht?
Die Hebammen machen von Sternenkindern kleine Hand- und Fußabdrücke. Und dazu auch Fotos, die den Eltern mit nach Hause gegeben werden. Denn es ist ausgesprochen wichtig, dass die Eltern Erinnerungen an ihr Kind haben.

Farben für die Andrücke von Händchen und Füßchen.

Ausreichend Zeit, Abschied zu nehmen

Es gibt Erzählungen, dass noch in den 70er/80er Jahren die Auffassung herrschte, dass man bloß nicht die Eltern mit dem Anblick des Sternenkindes belasten sollte. Und so wurde es ungesehen weggebracht. Das war nicht gut. Eine Mutter bestach sogar einmal die Pathologie mit 50 Mark, nur um ihr Kind wenigstens einmal sehen zu können.

Das Thema und der Umgang damit, hat sich stark gewandelt. Nun sind es die Hebammen, die Eltern ermutigen, dass Sternenkind auf den Arm zu nehmen, sich Zeit zu nehmen und in Ruhe Abschied zu nehmen – weil es so wichtig ist. Diese Zeit wird den Eltern immer eingeräumt und zwar, so lange sie brauchen.

Informationsmaterialien

Ebenfalls war eine Frage, wo man sich „danach“ hinwenden kann? Gibt es Gruppen? Alle Sternenkinder Eltern bekommen eine solche Mappe mit nach Hause. Sie ist gefüllt mit Informationsmaterialien (deutschlandweit) zu diesem schweren Thema.

Mappe mit Infomaterialien zum Thema Sternenkinder.

Dazu gibt es einen Flyer vom Städtischen Friedhof, der unter anderem den Weg zum Sternenkindergrab beschreibt.

Informationen zum Sternenkindergrab Görlitz

Und auch vom Görlitzer Hospizdienst liegt ein Flyer bei, denn niemand muss allein bleiben mit diesem Schicksalsschlag und auf seinem Weg des Verarbeitens.

Kontaktdaten Christlicher Hospizdienst
Görlitzer Anlaufstelle für Eltern: Christlicher Hospizdienst.

Es wird den Eltern also so viel Information und Ansprechpartner, wie nur irgend möglich, mit auf den Weg gegeben.

Stille Geburt

Eine – wie es genannt wird – „Stille Geburt“, ist für niemanden einfach. Weder für das Personal, noch für die werdenden Eltern. Diese sind vor allem überfordert von der Tatsache, dass sie doch zumeist alles getan hatten, was man tun soll: Jede Voruntersuchung, jeden Ultraschall, alles ordnungsgemäß erledigt und doch entscheidet sich das Leben manchmal anders.

Für die Hebammen gab es dazu schon Supervisionen, um ihren Arbeitsalltag zwischen Leben und Tot, selbst zu verkraften. Tatsächlich hilft ihnen aber die Berufserfahrung am meisten. Und so versuchen sie den Eltern so gut es geht und eben mit der sehr liebevollen, achtsamen und würdevollen Begleitung bei einer „Stillen Geburt“ zur Seite zu stehen.

Türschild

Herzlichen Dank für diese ausführlichen Informationen und Einblicke Frau Werwoll, leitende Hebamme im Kreißsaal am Klinikum Görlitz, und Frau Skorka, Hebamme.
Ein Beitrag vom 6.3.2020, mit Update vom 13.4.2020

Eure Kommentare

„Danke für den Beitrag 🙏❤️“
„Ein sehr sensibles Thema und dennoch sehr schön und wichtig, wenn man Menschen findet mit denen man darüber reden kann. DANKE ❤️“
„Ich hoffe, dass diese Informationen an alle Stellen die nur ansatzweise mit dem Thema zu tun haben gelangen. Ich spreche hier zum Beispiel auch von den Bestattungsinstituten. Ich hatte eine Stille Geburt in der 38.SSW in einem anderen Bundesland und wir ließen unseren Sohn in Görlitz bestatten.
Ich wusste von einer Trauergruppe, jedoch hatte ich keine Lust mich mit Menschen zu treffen die zwar einen geliebten Menschen verloren haben, der aber zumindest ein Leben mit Spuren hinterlassen hat. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht jemand wäre an uns aktiv heran getreten..“
„Sehr guter Beitrag zum sehr wichtigen Thema, welches auch mit zum Leben gehört. Betroffene können oft nichts oder wenig sagen, um so wohltuender ist es, Hilfe zu bekommen. Und wie es hier gemacht wird, wir müssen offen darüber reden. DANKE nochmals an alle Beteiligten!“
„Ein sehr schöner Beitrag und auch so wichtig“
„Ich sehe und lese hier die traurigen Erlebnisse von Frauen bzw Mütter.
Ich selbst bin jetzt nur ein Opa von 8 Enkelkinder und der Vater von 5 Töchter. Eine Tochter hatte 2 Sternenkindern und 1nen Sohn, der mit schwerer Behinderung und Erkrankung im Alter von 5 Jahren verstorben ist. Das sensible Thema betrifft nicht Frauen alleine, denn ich war und bin heute noch sehr betroffen über das Leid, dass meine Tochter getroffen hat. Weiterhin bin ich immer noch sehr betroffen wenn ich über den Friedhof gehe und meinen Enkelsohn Robin besuche.
Wie geht es manchem Vater oder auch Opa während oder nach so einem traurigen Erlebnis? Ich kann nur von meinen Gefühlen heute schreiben, denn ich wurde nie gefragt.
Auch ich habe Robin verloren, meinen Enkelsohn.“
> „Schön, dass du es ansprichst. Ich bin kurz vor Veröffentlichung des Textes von der Spendenfee nochmals sensibilisiert worden, dass nicht nur Mütter die Kinder verlieren, sondern auch die Männer an ihrer Seite bzw in ihrem Leben (Väter, Opas,…). Und für die ist es genauso traurig und schwer. Daher Danke, dass du es ansprichst und vielleicht ein Mann es ließt, dem es genauso geht.“
> „Genau, von den Männern, Vater oder Opa, wird so gut wie gar nichts berichtet. Im Gegenteil, leider gibt es nur zu oft das negative Bild eines Mannes. Dabei sind ALLE Männer hochsensilel, auch wenn es manche nicht zugeben. Danke für den Hinweis!“
> „Mein inzwischen Ex-Mann und Vater unserer Tochter kann bis heute noch nicht mit diesem Thema umgehen. Er hat unsere Tochter völlig verdrängt. Letztendlich zerbrach unsere Ehe auch an diesem Schweigen.“
> „Jeder geht mit seiner Trauer anders um. Es gibt kein richtig oder falsch. Auch Männer zeigen Gefühle und es ist leider kein einfaches Thema. Ich bin super froh darüber, dass ich damals über meine Gefühle gesprochen sowie gezeigt habe. Wir haben zum Glück einen Ort, wo wir immer an unserer Sternenkind denken und trauern können. Es ist so ein schwerer Verlust, welchen man ein Leben lang mit sich trägt… Ich finde das wirklich gut, dass es hier thematisiert wird. Oftmals ist es leider ein Tabuthema.“
> „ich denke, es ist für Frauen wichtig zu verstehen, dass Männer auch trauern. Eben anders!“


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