2024 sind wieder Stadtratswahlen in Görlitz. Wie war das doch gleich 2019 und 2014? Hier nochmal der Ablauf so einer Stadtratswahl am Beispiel von 2019. Wir lernen damit alle, wie sowas funktioniert.
Sitzverteilung, Kandidaten
Dazu gibt es drei extra Beiträge, die ich folglich hier nur verlinken will.
1. Wie kommt überhaupt die Sitzverteilung zustanden. Also das aus über 100 Kandidaten zum Schluss 38 übrig bleiben? Das steht hier.
2. Öffentliche Vorstellung der Kandidaten 2019. Wen niemand kennt, kann auch niemand wählen. Wie war das also 2019? Das steht hier.
3. Die Stadträte brauchen vor allem eines: Zeit! Hunderte Fachthemen kommen auf sie zu. Stadträte sind aber ein Ausschnitt der Bevölkerung. Vom Handwerker über den Hochschulprof bis zur Friseurmeisterin. Gedanken dazu hier.
Die Stadtratswahl 2019 und ihr Ergebnis
Kamenz hat die Daten online, wie sich absofort der Görlitzer Stadtrat zusammen setzt. Zur Erinnerung: DAS sind die, die die Geschicke unserer Stadt bestimmen. 11 Partein und Listen standen zur Wahl und es ging um 38 Stühle. (Hab mich verschrieben aufm Bild, sorry. 38 muss es heißen). Ich habe Euch hinter die Stimmenverteilung geschrieben, wieviele Stühle das jeweils ausmacht.
Quelle zum selber rumklickern hier.
(Ein Beitrag vom 27. Mai 2019, 46 Likes)
Die Namen der Stadträte – Wahlergebnis
Hier gibt es die 38 Kandidaten und wie die Stimmenverteilung war. Das ist unser Görlitzer Stadtrat 2019 – 2024 laut Volkes Wille. https://www.goerlitz.de/uploads/Stadtrat.pdf
Wer Kontakt aufnehmen will, zum gratulieren oder um sein Anliegen als Bürger den neuen Entscheidungsträgern mitzuteilen, dem empfehle ich das Amtsblatt Nr. 4 in der Printausgabe zu besorgen. Dort sind alle Kontakte drin. Online angucken.
(Ein Beitrag vom 27. Mai 2019, 15 Likes)
Ehrenamt für 5 Jahre
Geht der Rücktritt vom Ehrenamt als Stadtrat?
Gleich vorweg: Das ist nicht vorgesehen! Und es beginnt nicht erst mit der Vereidigung, die nun den neuen Stadträten bevor steht. Es begann bereits mit der Entscheidung, zum Stadtrat zu kandidieren. Also irgendwann im Februar/März.
Es gab eine Einrichtungsfrist, bis zu der alle Wahlvorschläge gemacht werden mussten. Damals mit Angabe des Namens, der Adresse und Unterschrift. Damit war´s geschehen. Damit kam man nur noch aus Mephistos Kralle, wenn man kurzerhand verstarb oder seine Wählbarkeit verlor (etwa durch Wegzug oder Straftat). Und das auch nur, wenn es einen Kandidaten gab, der Nachrücken konnte. Glaubt ihr nicht? Das Kommunalwahlgesetz § 6 spricht von UNWIDERRUFLICH!!!
„Mit dem Wahlvorschlag ist eine Erklärung jedes Bewerbers einzureichen, dass er der Aufnahme in den Wahlvorschlag zugestimmt hat. Die Zustimmung ist unwiderruflich.“ *wuhaaa
Aber man versteht Mephisto auch ein bisschen. Immerhin lief eine gewaltige Maschinerie an, um Wahlzettel zu drucken, sie für die Briefwähler in die Haushalte zu schicken, sie am Wahltag vorrätig zu haben und zwar für alle Wähler, auch für die Nicht-Wähler, die geschwänzt haben. Dazu die ganzen Online-Bekanntgaben und der Druck im Amtsblatt inkl. Verteilung in alle Haushalte. Da kann man nicht sagen: „Ja, ich will“ und zwei Tage später: „Ich will doch nicht“.
Und nun? Nun wurde gewählt! Nun steht fest, wer laut Bürgerwille in den Stadtrat zieht. Kriegt man da jetzt noch heimlich die Kurve?
Mephisto sagt erneut NEIN und setzt den Bürgerwillen durch.
Jetzt sind die Stadträte gewählt! Jetzt heißt es 5 Jahre knechten. Sei denn man verstirbt. Da sei es gestattet, aus dem Stadtrat auszuscheiden. Oder man verlässt die Stadt (Wegzug). Oder man verliert seine Fähigkeit das Amt zu bekleiden (Straftat). In diesen Fällen rückt der nächste Kandidat nach.
Und wenn es niemand mehr zum nachrücken gibt?
In diesem seltenen Fall besteht der Görlitzer Stadtrat dann nicht mehr aus 38 Sitzen, sondern aus 37. Es bleibt also spannend. Aber laut Gesetzeslage entkommt man Mephisto als gewählter Stadtrat nun nicht mehr…
Quellen:
Sächsischen Kommunalwahlgesetz
Sächsische Gemeindeordnung
(Ein Beitrag vom 25. Juni 2019, 19 Likes)
Dienstbeginn des neuen Stadtrates
Der alte Stadtrat tagt nochmal am 27.6.2019. Dann hat der Stadtrat erstmal Sommerpause und „vermutlich“ (noch nicht ganz offiziell raus) am 22.8.2019 konstituiert sich der neue Stadtrat. Das unser Stadtrat vor allem Zeit braucht, um sich zu finden und vor Oktober sowieso nicht mit ersten Entscheidungen zu rechnen ist, ist ein extra Text.
Also: Es ist total fetzig, wie sich alle für Stadtpolitik interessieren. Aber jetzt ist noch Ende der alten Ära und Sommerpause und dann gehts Ende Juli bzw Oktober los.
(Ein Beitrag vom 19. Juni 2019, 148 Likes)
Fazit nach 5 Jahren
Was viele Kandidaten 2019 nicht wussten war, wie öffentlich sie vorgestellt wurden. Nicht nur Namen, nicht nur Fotos, nicht nur Videos, nicht nur Gruppenfotos bei Aktionen der Fraktion. Auch Adresse, Lebensläufe, bis hinein ins Private. Das alles löst das kleine „Ja“ aus, wenn man als Kandidat antritt.
All das passiert auch jenen, die später gar nicht Stadtrat werden. Jede Fraktion stellt aber maximal viele Kandidaten auf – von denen wenige zum Schluss in den Stadtrat gewählt werden.
Der nächste schwierige Punkt ist, dass die eigene Meinung der Fraktionsmeinung untergeordnet werden muss. Wir haben das erlebt in der letzten Amtszeit des Stadtrats. Ein CDUler fand eine AFD-Idee gut – Skandal, wochenlang.
Das führt zum nächsten Punkt: Wer wirklich in den Stadtrat zieht, steht 5 Jahre unter medialer Beobachtung. Mit Skandalen, Storys, Streits wird eine Auflage verkauft. Es geht nicht mehr um die Menschen, die Gefühle haben, die persönliche Grenzen haben. Sowas muss man leider aushalten.
Und wo bleibt da Görlitz? Schwierig. Denn wenn die Fraktion nicht nur eine „Lokale Truppe“ ist, sondern eine bundesweit agierende Partei, dann wird man in der Entscheidungsfindung das Parteibuch nicht mehr los.
Und diese Sache, wenn Kandidaten mit 149 Stimmen an jemand vorbei ziehen, der über 700 Stimmen hatte… Schwierig. Auch das muss man aushalten, denn so sind die Regeln. Vereinigt eine Fraktion besonders viele Stimmen auf sich, macht sie besonders viele Sitze klar. Umgehen könnte man das nur, wenn man auf einer großen, gemeinsamen Görlitz Liste antritt. Wenn alle eins werden – für Görlitz. Aber das wird nicht passieren, weil die Partein in diesem Land ein Interesse daran haben, in Stadträten vertreten zu sein.
Und das soll der letzte Punkt sein: Statt „schreiten für Görlitz“ ist es „5 Jahre lang sich streiten“, um Formulierungen, um Wortklauberei, wahnsinnig werden wegen Verwaltungsvorschriften die vieles ausbremsen. Streiten um idiologische Ansichten. Dazu hitzige Debatten in online-Kommentarspalten bis aufs Blut. Und raus kommt dabei in 5 Jahren Amtszeit ein neuer Zebrastreifen, eine 20er Zone und meist viele neue Schulden im Haushalt. Wie frustrierend.
Ich glaube, alle Stadträte gehen hoch motiviert in den Wahlkampf und bräuchten schon im ersten Jahr Supervision. Wir sind eben keine Maschinen, sondern Menschen. Es folgt oft der Rückzug innerhalb der Fraktion, das „mauern“ gegen alles und jeden, der Verlust der eigenen Meinung und Werte von zu Anfang.
Das scheint recht schwarz-gemalt, es sind aber meine Beobachtungen von 2019 bis 2024.
Viel Glück und Kraft allen, die 2024 antreten wollen und werden.
Eure Insiderin
(Beigefügt am 11.1.2024)
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