Die Anschaffung neuer Straßenbahnen, die barrierefreie Umgestaltung von Haltestellen, WLAN in den Bahnen, neue Farben. Aber auch autonomes Fahren, Wasserstofftechnik ohne Oberleitungen, veränderte Verkehrsführung. All das kommt auf uns zu. Görlitz wird Modellstadt, sprich Erprobungsort, für die Technik der Zukunft. Die Technik, die sich in Görlitz bewährt, soll dann in die Welt gebracht werden. Und ALSTOM (ehemals Waggonbau/Bombardier) ist Teil davon. Genauso die Forschungseinrichtungen der Hochschule, das Frauenhofer Institut, der Siemens-Campus. Hier meine Mitschrift aus dem heutigen Vortrag.
Die sieben Teilprojekte des ÖPNV Görlitz bis 2026
Es wird quasi alles angefasst. Die neuen Bahnen, der Betriebshof, die Oberleitungen, die Bahnsteige, Erprobungsstrecke für autonomes Fahren… Im Folgenden werden die einzelnen Punkte etwas genauer erklärt.
Teilprojekt 1: Beschaffung neuer Straßenbahnen
Da sind wir nun schon mitten drin. Die Gelder von 60 Millionen wurden bereit gestellt, die neuen Straßenbahnen sind bestellt. Erstmals kam es zu einer Sammelbestellung gemeinsam mit Leipzig und Zwickau. Sowas gab es vorher noch nicht, dass sich mehrere Gemeinden zusammen getan haben für eine Straßenbahnanschaffung. Neu ist auch, dass die Fertigung in Sachsen stattfindet!
Von den 60 Millionen Euro geht eine Hälfte (30 Mio) in die Beschaffung neuer Bahnen. Das Gute dabei: Das Görlitzer Werk ALSTOM wird an den neuen Bahnen mitbauen. Das Geld bleibt also in Görlitz und sichert Industriearbeitsplätze. Leipzig bestellt 25 Fahrzeuge, Zwickau 6. An allen baut Görlitz mit.
Demnach geht es mit dem Bau noch 2023 los. Görlitz bekommt 8 neue Fahrzeuge mit der Option auf 6 weitere. Im September 2025 soll die erste neue Bahn nach Görlitz kommen und in den Testbetrieb gehen. Im Dezember 2025 kommt die Letzte der Acht bestellten. Die neuen Fahrzeuge werden Dreigliedrig.
Der zweite Teil der 60 Millionen Euro, also nochmals 30 Millionen, gehen in die barrierefreie Umgestaltung der Bahnanlagen. Unter diesem großen Motto steht die ganze Aktion.
Teilprojekt 2: Betriebshof und Antriebsenergien
Der Betriebshof auf der Zittauer Straße muss eine Modernisierung erfahren. Das wird weniger etwas, was die Bevölkerung mitbekommen wird. Die Hallen müssen sich ändern. In der jetzigen Halle werden die verbleibenden Tatras und die Oldtimer ihr zu Hause finden. Da die neuen Bahnen Niedrigfluhrbahnen sind, haben sie ihre Antriebstechnik auf dem Dach. Für Reparaturarbeiten und Wartung müssen die Mitarbeiter also künftig in die Höhe steigen. Dafür muss die Halle entsprechend ausgerichtet werden in der Höhe und auch, was den Arbeitsschutz anbelangt.
Der Zeitplan sieht hier vor, dass Ende 2025 losgebaut wird und es 2026 abgeschlossen ist.
Teilprojekt 3: Innovierung des Energieversorgungssystems
Das klingt ein bisschen sperrig. Gemeint ist die Stromversorgung der Straßenbahnen. Nun bin ich bisschen die Falsche, die man zu einem Vortrag schicken kann, wo es um Stromleitungen geht. Da fehlen mir als Frau die passenden Gehirnzellen. Der Vortrag läuft aber noch zwei Mal: Am 3.7., 18 Uhr im Senckenberg Museum und am 4.7., 18 Uhr in der Stadtbibliothek – für Strominteressierte.
Vielleicht mag die GVB mir auch noch was allgemein verständliches zumailen, was ich hier einfüge.
Der Zeitplan für den Umbau sieht im Herbst 2023 die Ausschreibung vor und 2024 die Vergabe der Baumaßnahme. Fertig soll es dann Ende 2025 sein – und danach wird die alte Versorgung 2026 zurück gebaut werden. Das sehen wir dann auf jeden Fall im Stadtgebiet.
Teilprojekt 4: Innovationsprojekt Tram
Die neuen Bahnen haben ein bisschen mehr Technik an Bord, wie unsere bisherigen Tatrats. So soll es „Zielgenaues Bremsen“ geben. Das ist wichtig, damit die Tür also genau an der Stelle zum stehen kommt, wo dann auch jemand den barrierefreien Zugang nutzen will.
Weiterhin soll es Assistenzsysteme geben, so dass die Fahrt/Sicherheit nicht mehr nur Abhängig ist vom Fahrer. Dazu zählt zum Bsp eine Kollisionswarnung. Die ganze Kommunikation soll verbessert werden: Mit der Leitstelle, mit anderen Bahnen, sogar mit den Haltestellen – falls es zum Bsp zu einer Verspätung kommt (weil mal wieder ein PKW im Gleisbett gelandet ist oder so).
Hier kommt nun auch die Zukunftsmusik erstmals vor: Eine Bahn soll mit Wasserstoff-Brennstoffzellen (H2) fahren. Sie soll Ende 2026 kommen. Wenn das in Görlitz funktioniert – und da wird viel zu testen und zu forschen sein – dann geht diese Innovation auf den großen Weltmarkt. Prädikat ist dann „Made in Görlitz“, „Tested in Görlitz“. Schon cool!
Die zweite Zukunftsmusik ist das autonome Fahren.
Auf dem Bild ist mal so eine dreigliedrige neue Bahn zu sehen.
Teilprojekt 5: Infrastrukturprojekt Fahrgastlenkung
Das ist nun der Umbau der Haltestellen. Schwerpunktmäßig die Knotenpunkte am Demi und am Südausgang. (Für Nicht-Görlitzer: Demianiplatz und Sattigstraße). Baubeginn ist August 2025 am Demi und November 2025 am Südausgang. Da wird dann nicht nur der Bordstein auf die passende Höhe der neuen Straßenbahnen gebracht. Es geht auch um Fahrgastinformationssysteme, um die gesamte Verkehrsführung mit den ebenso beteiligten Autos und Fußgängern im Straßenverkehr. Das wird auch ein Teilprojekt, dessen Bau zu spürbaren Umständen führen wird. Wenn wir jedoch alle den Sinn und Zweck der Baumaßnahmen verstehen, sollte es ein erfreulicher Umstand werden, für den wir Verständnis aufbringen.
Teilprojekt 6: Infrastrukturprojekt Fahrwege
Hier geht es um die Signalanlagen für die neuen Bahnen (Ampeln und Co.)
Der Knüller ist aber die Einrichtung der Teststrecke für das Autonome Fahren. Und das passiert zwischen den beiden Haltestellen „Am Wiesengrund“ und „Bolzehof“. Da übt dann eine Bahn das Fahren ohne Fahrer und die Forscher stehen am Rand und tüfteln. Diese Teststecke wird ungefähr 300 Meter lang sein. Wenn wir schlau sind, stellen wir noch ein paar Besucherbänke auf für die Technik-Freaks aus aller Welt, die gern zuschauen wollen.
Teilprojekt 7: Beschaffung autonome Fahreinheit für Quartierverkehr
Das ist auch ganz doll Zukunftsmusik. Wie ihr auf dem nächsten Bild seht, geht es um solche Minibusse, die ebenfalls ganz ohne Fahrer auskommen. Der Plan ist, dass man sich so einen Minibus mit dem Handy rufen kann, der einen dann zur nächsten Haltestelle bringt.
Die Hochschule will das auf dem Dorf testen zwischen Kodersdorf und Kodersdorf Bahnhof. Dort „kämpfen“ die Forscher mit dörflichen Herausforderungen, wie Blätter, Pfützen, Vögel auf der Strecke.
In der Stadt herrschen andere Bedingungen. Da ist alles definierter durch vorhandene Straßenschilder, Orientierungspunkte, Kreuzungen etc. Ab 2026 könnten die Testreihen in unseren Straßen beginnen.
Aus dem Fragenteil
Die Bürger hatten die Möglichkeit Fragen zu stellen. Folgendes wurde dabei angesprochen – und enthielt noch jede Menge spannende Infos zu den neuen Bahnen:
Ist angedacht, das Schienennetz auszuweiten?
Die Frage zielte natürlich ab auf die Reaktivierung nach Rauschwalde, zum Klinikum oder nach Zgorzelec.
Die Antwort lautete „ja“, aber nicht jetzt in dieser Projektphase bis 2026. Wenn es klappt mit dem H2-Wasserstoffbahnen und Oberleitungsfreies Fahren möglich wird, dann bestehen völlig neue Möglichkeiten zum Bsp nach Zgorzelec. Allerdings hat weder Görlitz noch Zgorzelec irgendwelches Geld. Es ist also auch künftig abhängig von Fördermitteln. Diese Frage kann also „danach“, also nach 2026, nochmals gestellt werden.
Wird es ein Klo geben an der Wendeschleife Weinhübel, wenn man die sowieso umbaut?
Es bleibt der Deutschen liebstes Thema… Görlitz sucht gerade generell einen Toilettenbetreiber für alle öffentlichen Klos. Denn bauen ist das eine. Es danach auch betreiben, was anderes. Der Gedanke, an die Wendeschleife ein Klo zu bauen, wurde mitgenommen. Immerhin ist es auch der Umsteigepunkt an den See…
Die Frage nach der Taktung
Aller 20 Minuten in der Woche, am Wochenende nur aller 30 Minuten erscheint manchen zu selten. Ob sich da was dran ändert ist die Frage, wieviele Menschen die neuen Bahnen nutzen werden. Es ist also eine Frage der Auslastung. Wenn bei einer Taktung aller 10 Minuten nur 2 drin sitzen, funktioniert es nicht.
Und die alten Tatras?
Zwei doppelte Tatras behalten wir. Die lassen sich allerdings nicht an die Neuen dranhängen. (Sei denn, man baut irgendwas um).
Spurweite, Bahnbreite, Platz Innen?
Die Spurweite bleibt. (Nur die Bahnen für Leipzig haben eine andere Spurweite). Unsere Waggons werden 10 cm breiter als bisher. Und sie haben Innen mehr „Multifunktionsflächen“. Also für Rollifahrer, Fahrräder, Kinderwagen. Dadurch entsteht mehr Platz als bisher. Auch, weil der Gang zwischen den Sitzreihen breiter sein wird. Bisher passten 120 Leute in eine Bahn. In die neuen Bahnen dann 170.
Technik Innen?
Da Barrierefreiheit das große Thema ist, wird es digitale Anzeigen geben für Sehschwache, die kontrastreicher sind. Auch für Blinde gibt es entsprechende Hilfen. Und WLAN! Wenn das Monatsticket billiger ist, wie ein Internetanschluss, fahren manche dann wohl 24 Stunden im Kreis 😉 *Spaß
Mehr Power!
Tatsächlich haben die neuen Straßenbahnen mehr Bumms. Der Vergleich fiel zwischen VW Golf und 5er BMW. Das Streckenprofil von Görlitz erfordert das auch ein bisschen. Weinberg hoch, Promenade hoch, nach Königshufen rauf. Das machen die dann mit links.
Fahrplanänderung, neue Taktung?
Zur Erinnerung: Wir sprechen natürlich vom Jahr 2026!!! Tatsächlich reichen 8 Straßenbahnen für die bisherige Taktung. Und optional können ja noch 6 weitere nachbestellt werden. Dazu bleiben die zwei alten Doppel-Tatras. Sollte es zu einem sprunghaften Anstieg an Fahrgästen kommen, so dass eine andere Taktung nötig wird, hat man also Optionen…
Baumaßnahmen in den Ferien!
Bereits bisher, aber auch für die neuen Projekte, sollen die meisten Baumaßnahmen in die Schulferien gelegt werden, damit der Schülerverkehr so wenig wie nötig betroffen ist.
Durch den Informationsabend führten André Wendler von der GVB und OB Octavian Ursu.
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