Der älteste Baum Deutschlands bis 1945

Eibe Katholisch Hennersdorf Robert scholz - Görlitz Insider
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Robert Scholz, der Görlitzer Fotograf, war 1911 bei ihr. Da galt sie bereits als 1.300-Jährig: Die Eibe von Katholisch Hennersdorf. Deutschlands ältester Baum – in den Grenzen bis 1945. Sie steht nur 20 km von Görlitz entfernt im heutigen Polen. In Polen gilt sie als älteste Eibe des Landes.
Ich war gestern da. Ein lang anvisierter Ausflug, den ich bestimmt schon seit 5 Jahren machen wollte. Hier die Wegbeschreibung und Bilder.

Die Liebe zu alten Bäumen

Seit dem ersten Jahr von Görlitz Insider (2014) poste ich über alte Bäume – und vor allem über ihr Verschwinden. Die alten Germanen sollen mal gesagt haben: „Nehmt uns alles, aber nicht unsere heiligen Berge und uralten Bäume.“ Und so weinen wir also oft alle gemeinsam, wenn ein Sturm wieder mal ein solch uraltes Geschöpf umgeworfen hat, aus (erstmal) nicht ersichtlichen Gründen gefällt wurde oder fragwürdiger Baumschnitt stattfand.

Lesen: Das Sterben der alten Bäume
Lesen: Mamutbäume in Görlitz
Lesen: Liste geplanter Baumfällungen

In dieser Liebe zu alten Bäumen habe ich schon so einige Exemplare besucht und viele Dokus geguckt. Wer Benutzer der Görlitzer Bibliothek ist, kann sich auf Filmfriend mit seinem Benutzerkonto einloggen und dort (kostenlos) zum Beispiel „Deutschlands älteste Bäume“ gucken. Momentan steht die Doku auch bei Youtube:

Wer mit mir diese Liebe teilt, muss nach Katholisch Hennersdorf!

1.300 Jahre? 1.500 Jahre? Weniger?

In Vorbereitung auf diesen Ausflug hab ich die Eibe von Katholisch Hennersdorf (auf polnisch „Cis“ in Henryków Lubański) auf alten Postkarten gesucht – und gelacht!

1920 galt sie als 1.300 Jährig auf einer Postkarte:

Noch im selben Jahr (1920 – 1922) erschien eine Postkarte, die von 1.500 Jahren sprach:

1925-1929 erschien eine Postkarte, da blieb die Eibe bei 1.500 Jahren:

Mein Baumfreund Gunther Weinert, der Friedhofsmeister von Görlitz, sagt, das mit dem Alter stimmt meist nicht. Er war 3 uralte Eiben in Krompach (Tschechien, bei Oybin/Hain) besuchen, die mit 1.000 Jahren angegeben werden. Sie sind aber höchstens 500. Offenbar gab es also schon um 1900 sowas, wie Marketing, Superlative und Tourismusmagneten. Sei es drum: Die Eibe in Katholisch Hennersdorf ist alt!

Wenn wir 1920 tatsächlich von einem Alter von 1.500 Jahren ausgehen, dann steht sie da seit 420 nach Christi…

Anfahrts-Skizzen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten von Görlitz aus.
Variante 1 über die Schnellstraße mit dem Auto: Zgorzelec – Lagow – Straße Nr 30 Richtung Luban – in Pisarzowice nach Links – nur gerade aus – in Henryków Lubański nochmal nach links.

Variante 2 (auch mit dem Fahrrad geeignet!): Über die Dörfer immer dem Symbol der Via Sakra, der Via Regia und dem Radweg Nr 5 hinterher: Zgorzelec – Lagow – Pokrzywnik – Gronów – Sławnikowice – Henryków Lubański. Das ist die Schlössertour und war unser Rückweg. Weiter unten dazu ein paar Bilder.

Anfahrt in Bildern

Für alle, die diese Strecke zum 1x versuchen, hier ein paar Fotos als Orientierungspunkte. Frauen fahren ja bekanntlich „am Aldi links“, während Männer „auf der B87 an Ausfahrt 64 nach links“ fahren – und beides ist das Selbe. Hier also die Mädels-Variante.

Görlitz, Stadtbrücke, Grenzübergang:

Am Kreisverkehr vom Plaza (Shoppingcenter) weiter gerade aus.

Am großen Kreisverkehr (Rondo Solidarnosci) weiter gerade aus – nach Lagow/Jelena Gora.

Dann gehts an Carefoure, Decathlon, Leroy Merlin vorbei, raus aus Zgorzelec. Der nächste Ort ist Lagow (Leopoldshain).

Einfach durch den Ort geradeaus durch fahren und hinten wieder raus. Und nun nur noch gerade aus.

Immer weiter der Straße Nr 30 folgen. Es folgen Trocja/Trozendorf und Białogórze/Lichtenberg. Hier dahinter endet der Bezirk Zgorzelec und auch der frühere Landkreis Görlitz (bis 1945). Ab jetzt kommt Lubaner Land.
Die nächste Ortschaft ist Nowa Karczma/Neu Kretscham.
Die entscheidene Ortschaft zum Abbiegen ist Pisarzowice/Schreibersdorf. Wir sind an folgendem Gebäude links rum.

Es folgt ein langer eingezäunter Schlosspark mit Schloss Nieder-Schreibersdorf darin. Dazu vielleicht später mal mehr.

Wichtig ist, einfach immer gerade aus zu fahren bis es in Henryków Lubański/Katholisch Hennerdorf nicht mehr weiter geht. Das ist diese Stelle. Am Haus nach links.

Und da steht dann auch ein erstes Hinweisschild auf die 1.500-Jährige Eibe.

Ab jetzt gibt es in Katholisch Hennersdorf immer wieder Hinweisschilder auf die Eibe. (Immer gerade aus!)

Da isse! Ein bewegender Moment, wenn man sich so lange darauf gefreut hat.

Warum ist die eingerüstet?

Der alten Dame gehts nicht mehr so gut. Auf einer polnischen Newsseite war zu lesen:
„Leider beginnt der Baum seit 2016 langsam zu vertrocknen. Die Gemeinde hat Maßnahmen ergriffen, um den Baum zu retten. Heute können wir über Erfolg sprechen. Sie wächst an der Gipfelscheunenmauer am Bauernhof 293 im Dorf Henryków Lubański in der Woiwodschaft Niederschlesien. Ihr Alter wurde 1987 auf etwa 1.250 Jahre geschätzt. (Anmerkung: Immer noch älter, als Görlitz!!!) Der Baum wurde 1813 von Soldaten durch eine Artilleriekugel getroffen und während des Hurrikans 1989 beschädigt. Der Stamm wurde dabei beschädigt. Der Stammumfang ging von 5 m auf 1,5 m zurück.“
Sie braucht also Hilfe! Das Bewässerungssystem und das Gerüst sind auch erklärt.

Schlechte Sicht, viel zu erleben

Man guckt also die ganze Zeit auf viel Gerüst und sieht wenig Eibe.

Ein paar Blicke auf den Stamm kann man erhaschen.

Es gibt Hinweistafeln in polnisch und deutsch.

Und mehr ist es nicht für alle, die touristisch kopflastig unterwegs sind.

Wer jedoch im meditieren geübt ist, wer Bäume mit ganzem Herzen sehen kann und mit ganzer Seele spürt, wird lange lange nicht wegkommen. Dafür gibt es einen Picknickplatz.

Vorsicht vor kleinen, freilaufenden, sehr schmusebedürftigen Hunden!

Rückfahrt Schlössertour

Wir sind über die Via Sakra, Via Regia bzw Radweg Nr 5 zurück – mit dem Auto. Das geht. Allerdings braucht es Konzentration für die vielen Schlaglöcher.

Erste Station war das Schloss Kieslingswalde, was wieder im Landkreis Görlitz/heute Zgorzelec liegt.
Nur ganz kurz: Ehrenfried Walter von Tschirnhaus kam von hier. Er hat die Brennöfen erfunden, mit denen dann Friedrich Böttger erstmals in Sachsen Porzellan brannte. Wolf Ludwig von Gersdorff (ein Gersdorff!) besaß das Schloss ebenfalls und errichtete es in seiner heutigen klassizistischen Gestalt. Und es war auch im Besitz von Arthur von Witzleben. Ein von Witzleben, nähmlich der Erwin, war an dem Hitlerputsch von Claus Schenk Graf von Stauffenberg beteiligt und sollte – bei Erfolg – den Oberbefehl über die Wehrmacht übernehmen. Der Plan scheiterte.
Heute ist das Schloss in Privatbesitz. Wenn man durch Kieslingswalde fährt, denkt man nicht, dass es mal ein Ort mit soviel Einfluss auf die europäische Geschichte war.

Zweite Station war das Schloss in Gronow/Gruna.
Auch hier nur ganz kurz: Auch dieses Schloss gehörte (natürlich) mal einem Gersdorff. Heute ist es ebenfalls in Privatbesitz.

Zumindest das Buch „Schlösser der polnischen Oberlausitz“ hatte ich noch geschafft in die Tasche zu stecken, dass wir nicht völlig unwissend an so viel historischer Bausubstanz vorbei mussten.

Gruna hat noch eine hübsche Kirche, ein erhaltenes Kriegerdenkmal vom ersten Weltkrieg und eine 500 Meter lange Eichenallee, die als Naturdenkmal gilt mit Stammdurchmessern von 3 Metern – mitten auf dem Jakobsweg.

Weiter ging es nach Stangenhain/Pokrzywnik, wo sich ebenfalls ein Schloss versteckt und die MIC im Vorgarten, bitte extra Beitrag hier lesen. Hier hat man dann auch wieder die A4 in sicht- und hörweite, sieht in der Ferne die Windräder in Emmrichswalde und die Landeskrone ist auch da. Verlaufen/fahren ausgeschlossen auf dem Jakobsweg.

Raus kommt man dann in Lagow/Leopoldshain bei Szarlotka z Rumieńcem/Charlottes Apfelkuchen, einem Gartenlokal. Von da aus sollte sich jeder zurück finden.
Viel Freude auf diesem Ausflug und grüßt mir die 1.500-Jährige Eibe.


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